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Emotionen und Organe - was uns der Volksmund sagt

Zusammenhänge zwischen Emotionen und Organen werden in vielen Kulturen beschrieben. Auch in unserem Volksmund sind Teile dieses Wissens in Form von Redewendungen verankert. Denken wir zum Beispiel an Aussagen wie „es hat mir das Herz zerbrochen“, „das ist mir sauer aufgestossen“ oder „mir ist eine Laus über die Leber gelaufen“.

Oft lassen sich auch Analogien entdecken, wenn man die grobstoffliche Funktion eines Organs mit seiner feinstofflichen bzw. emotionalen Bedeutung vergleicht. Entscheidend ist stets die einfache Frage, was die eigentliche Funktion eines Organs ist und ob eine ähnliche Funktion bei Verhaltensweisen, Ansichten, etc., also auf der emotionalen bzw. seelischen Ebene, wiederzuerkennen ist.

Durch belastende Emotionen kann es (via vegetatives Nervensystem, Hormonsystem, etc.) mit der Zeit zu Fehlfunktionen der entsprechenden inneren Organe kommen. Die Folge für das jeweilige Organ ist in der Regel eine vorübergehende Überfunktion, die dann, bei Erschöpfung, in eine Unterfunktion übergeht. Der Magen zum Beispiel wird bei Ärger zuerst hart, druckempfindlich und produziert zu viel Säure. Bei Erschöpfung macht er dann oft keine direkten Symptome mehr, wird aber - im wahrsten Sinne des Wortes - zur Last für den übrigen Körper. In der osteopathischen Untersuchung findet man beim Darm oder Magen eine tiefe Wandspannung und ev. kompensatorisch vermehrt Lufteinlagerung. Interessant ist auch zu untersuchen, welche Bereiche des Bewegungsapparates durch die inneren Organe mechanisch belastet werden.

Wie wir im Beitrag 'Symptom ist nur die spitze des Eisberges' gesehen haben, sind seelische Konflikte aber nur einer von vielen möglichen Faktoren! Eine Leber zum Beispiel kann auch durch ein Trauma, durch Wirbelfehlfunktionen, durch eine Operation, durch zu viel Alkohol, durch verdorbene Nahrung, durch Medikamente, durch benachbarte Organe die in Schwierigkeiten stecken und vieles mehr in ihrer Funktion beeinträchtigt werden!

Bei Stress werden die Verdauungsorgane zu wenig durchblutet und das Herz wird zu Höchstleistungen angepeitscht. Dauert dieser Zustand an, „geht es einem an die Substanz“. Das Herz erschöpft, die Organe erschlaffen, senken sich und können ihre Funktion nicht mehr voll erfüllen. Der Bewegungsapparat wird zunehmend in Mitleidenschaft gezogen, da er die nicht mehr autonomen Organe vermehrt halten muss.

Wenn wir für eine ausgeglichene Work-Life-Balance sorgen hilft das auch unseren Organen, gesund zu bleiben. Durch die gute Blut- und Nervenversorgung während der Regenerationszeit des Körpers entwickeln sie eine Expansionskraft, dank der sie - sich gegenseitig stützend - von alleine im knöchernen Beckentrichter ruhen, ohne den Bewegungsapparat zu belasten. Im Gegenteil: zusammen mit der Bauch- und Beckenbodenmuskulatur stabilisieren sie ihn sogar. Sie tragen uns also quasi von innen und entlasten so auch wesentlich die Bandscheiben! Leider ist es aber meist so, dass die Organe mehr oder weniger erschlafft sind und wir stattdessen sie tragen müssen. Das Gewicht lastet auf dem Becken, im Nacken, an benachbarten Muskeln und eben auf unseren Bandscheiben. Muskelketten werden aktiviert, Gelenke werden fehlbelastet und unsere Körperhaltung verändert sich (Vgl. Körperhaltungen nach Mayr auf der Seite 'Osteo').

In der Folge nun mögliche Zusammenhänge zwischen Emotionen und inneren Organen wie sie z.B. unser Voksmund ausspricht:

Das Herz ist Symbol der Liebe; die Liebe stärkt das Herz. Liebe ist eine Herzangelegenheit. Das sollte man sich „zu Herzen nehmen“. Trauer „zerbricht dem Menschen das Herz“. Das Herz ist die Sonne des Körpers. Es wird allgemein als Sitz der Seele und Quelle der Lebenskraft angesehen. Letztere verteilt es über die Blutgefässe im ganzen Körper; das Blut ist dabei Träger dieser Lebenskraft. H.-D. Bach schreibt weiter über die Liebe: „Die stärkste Kraft ist die Liebe. Weil die stärkste Kraft die Liebe ist, ist das Organ, welches den grössten Zugang zu dieser Emotion hat, auch das führende. Jede Emotion trifft somit das Herz, und je nach dem gewinnt oder verliert es dadurch an Kraft. Liebe denkt nicht zuerst an sich, sondern an das Wohl der anderen. Die Herzgefässe der Liebenden werden weit - das Herz erhält mehr Energie. Egoismus berechnet durch den Verstand, unter Ausschluss des Herzens, den eigenen Vorteil. Ein „enges Herz“ oder „ein Herz aus Stein“ kann entsprechend nicht viel Energie aufnehmen und wird schwach.“

Wird das Herz dauernd geschwächt, ist seine Durchblutung mangelhaft, es übersäuert („Rheuma des Herzmuskels“ mit diffuser Fibrose = Muskelgewebe wird durch Bindegewebe ersetzt), kann die Organe nicht mehr mit genügend Blut versorgen, und der ganze Körper wird in Mitleidenschaft gezogen. Am Herzen selbst macht die reduzierte Herzkraft zunächst keine offensichtlichen Beschwerden - dennoch sterben bei uns die meisten Menschen an Herz-Kreislauferkrankungen ...

Der Zusammenhang zwischen Emotionen und Herzdurchblutung wurde von US-Forschern der Universität von Maryland in Baltimore in einer wissenschaftlichen Studie untersucht. Sie stellten fest, dass Wut, Angst, Schrecken und Traurigkeit die Herzkranzgefässe zuschnürt, so dass das Herz mit durchschnittlich fast 50 % weniger Blut versorgt wird! Bei Freude und beim Lachen weiteten sich die Blutgefässe und das Herz wurde mit 15 % mehr Blut versorgt.

Durch die Lungen atmen wir den lebenspendenden Sauerstoff ein. Die Atmung ist Ausdruck unserer Lebenskraft; sie hat auch mit Lebenswillen zu tun. „Er hat sein Leben ausgehaucht.“, „Jetzt halt mal die Luft an!“, „Es verschlägt ihm den Atem.“

Gibt man das, was man einmal empfangen hat nicht wieder her oder kann sich von Dingen nicht trennen, bei Neid (z.B. Geschwisterneid) sind obstruktive Atemwegserkrankungen (wie Asthma oder obstruktive Bronchitis) denkbar, vor allem, wenn die auftretenden Emotionen zurückgehalten werden. Die eingeatmete Luft wird nicht freiwillig wieder hergegeben.

Unser Immunsystem schützt unseren Körper vor Eindringlingen und Fremdstoffen. Aufgrund der Symbolik hätte es also etwas mit Aggression und Autoaggression zu tun. Nach Thorwald Dethlefsen ist bei der Allergie die Aggression aus dem Bewusstsein in den Körper gestürzt und tobt sich dort aus. Harmlose Objekte werden zum Feind erklärt und bekämpft.

Die Aggressionen müssen irgendwie den Weg nach aussen finden, damit sie sich nicht nach innen richten. Ein äusserlich harmonisch scheinender Mensch ist also nicht immer auch ein innerlich harmonischer Mensch. Um sowohl innerlich als auch äusserlich in Harmonie zu sein, muss die geschürte, zum Bluten gebrachte seelische Wunde geschlossen und geheilt werden. Andernfalls führt der unverarbeitete seelische Schmerz bei jedem schüren der Wunde erneut zur Aggression bzw. zur Somatisierung.

Der Kauapparat und die Zähne dienen zur Zerkleinerung der Speisen. In der Symbolik könnte man an die Bewältigung von Problemen denken. Zähne haben auch etwas mit Aggressivität, „Durchbeissen“, „auf die Zähne beissen“ und Akzeptieren zu tun. „Zähneknirschend akzeptierte er ...“. Sehr viele Menschen knirschen vorwiegend nachts mit den Zähnen (Bruxismus), pressen die Zähne aufeinander oder haben sonst verspannte Kaumuskeln, wodurch der ganze Schädel komprimiert wird. Dadurch wird die craniosacrale Bewegung oft empfindlich gebremst, der venolymphatische Abfluss aus dem Schädel ist behindert und der Druck im Kopf steigt. Spannungskopfschmerzen können die Folge sein.

Der Magen verdaut, was neu in unseren Körper kommt. Bei Ärger, wenn wir Mühe haben etwas zu „verdauen“, wenn uns etwas „auf dem Magen liegt“, wenn uns etwas „sauer aufstösst“, wenn wir „sauer“ sind, wandert zu viel Energie zum Magen. Der Magen produziert zu viel Säure, welche die Schleimhaut von Speiseröhre, Magen und Zwölffingerdarm reizt.

Die Leber ist unser Entgiftungsorgan. Wut zieht die Energie in Leber und Gallenblase. Sie vergiftet unseren Körper. Wenn jemand sehr aufgebracht und zornig ist, kann es sogar zu einem Herzschlag kommen. „Mir ist eine Laus über die Leber gelaufen.“ „Ich bin gallig geworden.“ Hinter der Wut steckt oft ein Schmerz, den es zu erkennen und zu verarbeiten gilt.

Über die Milz findet man wenig in unserem Volksmund. Allenfalls die englische Redewendung „To have a splean!“ H.-D. Bach bringt die Milz in Beziehung mit Sorgen und Bindegewebe: "Unzufriedenheit und Sorgen nagen am Herzen und die Energie wandert zur Milz. Lässt die Milzfunktion nach, bekommt der Mensch ein schwaches Bindegewebe und altert schneller."

Der Dünndarm (Duodenum, Jejunum und Ileum) schlüsselt die Nahrung weiter auf und ist für das Aufnehmen der Nährstoffe zuständig. Er hat mit Analysieren, Grübeln, Entscheiden, Perfektionismus und Ängsten zu tun.

Der Dickdarm scheidet den überflüssigen Ballast aus. Wenn wir von alten, unverarbeiteten Dingen nicht loslassen können, quellen wir mit der Zeit über (Kotbauch).

Bei Angst („Schiss“) und Schrecken „fällt einem das Herz in die Hosen“. Die Energie wird zum Darm geleitet, was sich als Durchfall äussert.

Die Nieren sind wie das Herz ein lebenswichtiges Organ: „Auf Herz und Nieren prüfen.“ „ Das ist mir an die Nieren gegangen.“ Hier geht es um existentielle Ängste. Gegenpol der Angst ist Vertrauen bzw. Urvertrauen.

Weibliches Genitalsystem: Probleme mit Weiblichkeit, Hingabe, Sexualität, Fortpflanzung und Partnerschaft. Missbräuche. Unerfüllter Kinderwunsch.

Männliches Genitalsystem: Probleme mit Männlichkeit, Sexualität, Fortpflanzung und Partnerschaft.

Der Schrecken fährt in die Glieder/Knochen ein: „Mir sitzt der Schrecken noch in den Knochen“, „das ist mir ganz schön eingefahren.“ Man getraut sich nicht mehr loszulassen, das Vertrauen ist erschüttert (Ressourcen!).

All diese Aussagen sollen nur mögliche Zusammenhänge darstellen und niemals Menschen schubladisieren. Jeder ist individuell und individuell ist deshalb auch die Sprache unseres Körpers. Gewisse Gemeinsamkeiten in dieser Symbolik scheinen aber durchaus vorhanden zu sein. So decken sich die Ansichten über Zusammenhänge zwischen Emotionen und Organen aus verschiedenen Kulturen, wie z.B. der chinesischen Medizin, weitgehend mit der unseres Volksmundes und sind vielleicht dem einen oder anderen eine Hilfe, die Sprache seines Körpers zu entschlüsseln.

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